Gallery portrait
Barbara Thumm
by Lydia Korndörfer
Barbara Thumm studied Fine Arts in London and was part of the Young British Artists’ movement. At the end of the 1990s, she relocated to Berlin. The German capital was enticing with its free spaces, finding itself in the process of becoming a new art hub. Thumm wanted to link the British and German art scenes, organize exhibitions, and create a place that was run by artists for artists. Today, we can still discern the spirit of those years in the activities of her gallery, which is celebrating its 25th anniversary in May 2022.
Thumm got into the gallery business once she arrived in Berlin. She started as a partner in the Gebauer and Thumm Gallery, but shortly afterwards decided to focus on her own program. In 1997, she founded the Barbara Thumm Gallery. It was initially located on Auguststraße, later on Dircksenstraße, and subsequently on Markgrafenstraße—where it is still based today. Fiona Banner, Fernando Bryce, Anne-Mie Van Kerckhoven and Martin Dammann are some of the early artists who are still represented by the gallery. They attest to the long-standing and close collaboration that Thumm develops with artists. From the very beginning, the gallery has also been a space for dialogue: a place where networks are created and exchanges take place. Collaborative work with curators and international institutions is an essential part of the work, making evident Thumm’s openness to new formats. Particularly in its early years, the gallery organized exhibitions in off-spaces in Berlin—such as the video exhibition No Vacancies! in an empty house in Berlin-Mitte, which she curated alongside Angelika Richter, the current chancellor of the Weißensee Academy of Art Berlin.
To this day, Barbara Thumm has been instrumental in promoting and advancing the careers of several artists. Her achievements include establishing the figurative late work of Jo Baer, who had only been known for her 1960s and 1970s minimalist works, especially in the USA. She also played a significant role in the international success of Peruvian and feminist conceptual artist Teresa Burga, whom Thumm discovered in her 2011 solo exhibition at the Württembergischer Kunstverein in Stuttgart. The gallery also enabled the reappraisal of Burga’s works from the 1960s and 1970s. In Berlin, Barbara Thumm commissioned an extensive restoration of the works from this creative period, thus revealing the pop and bold colors that had been missing from the works for a long time. The gallery is currently the sole representative of the estate of the artist, who died in 2021. Since 2010, it has also been in charge of another important estate—that of the German conceptual artist Anna Oppermann. The ensemble Künstler sein, which the artist showed at Documenta 6 in 1977, was reexhibited for the first time at Barbara Thumm in 2010. Since then, the gallery has continuously developed methods of restoring and re-enacting complex installations from Oppermann’s Ensemble Art.
As a traditional program gallery, Barbara Thumm is committed to a resolutely feminist agenda—two-thirds of the represented artists are women. Early on, the gallery also strongly focused on artistic practices from Latin America, especially Peru. Conceptual and/or figurative artists such as Carrie Mae Weems, María Magdalene Campos-Pons, and other artists with African-American, Cuban, and African backgrounds expand this internationally oriented and cross-generational selection. It includes emerging artists as Anna K.E., who was born in Tbilisi in 1986 and featured in the Georgian Pavilion at the 2019 Venice Biennale, as well as 67-year-old El Hadji Sy and 93-year-old Jo Baer.
With the gallery’s latest project, the independent platform New Viewings, Thumm is responding to the pandemic in 2020, harking back to the energy of the early years and creating an innovative, digital space for dialogue. Set up exclusively online, the project’s homepage features utopian and dystopian exhibition designs by international artists and curators that have been projected onto the Markgrafenstraße space. Even though sales are carried out through the platform, with prices being disclosed online, the project has primarily created a new way of dealing with the digital realm—not as a substitute, but as a venue in its own right—as well as an international network of artists and curators, whose growth is something to look forward to.
Ende der 1990er Jahre zieht es Barbara Thumm, die in London Freie Kunst studiert hat und sich unter den Young British Artists bewegt, nach Berlin. Die deutsche Hauptstadt lockt mit Freiräumen und ist im Begriff, sich zu einer neuen Kunstmetropole zu entwickeln. Thumm will die britische Kunstszene mit der deutschen verknüpfen, Ausstellungen machen, einen Ort von KünstlerInnen für KünstlerInnen schaffen. Es ist der Geist dieser Jahre, der sich noch heute im Wirken ihrer Galerie, die im Mai 2022 25jähriges Jubiläum feiert, erkennen lässt.
In Berlin angekommen, steigt Thumm ins Galeriegeschäft ein: Sie beginnt als Geschäftspartnerin in der Galerie Gebauer und Thumm, beschließt aber kurz darauf, sich auf ihr eigenes Programm zu konzentrieren. 1997 gründet sie die Galerie Barbara Thumm, deren Sitz sich zunächst in der Auguststraße, später in der Dircksenstraße und schließlich in der Markgrafenstraße befindet, wo sie noch heute ansässig ist. Zu den KünstlerInnen der ersten Stunde, die bis heute von der Galerie vertreten werden, gehören Fiona Banner, Fernando Bryce, Anne-Mie Van Kerckhoven und Martin Dammann. Sie bezeugen die langjährige und enge Zusammenarbeit, die Thumm mit ihren KünstlerInnen verbindet. Die Galerie wird dabei von Beginn an auch als Diskursraum: Hier sollen Netzwerke entstehen, Austausch stattfinden. Einen wesentlichen Bestandteil stellt die Zusammenarbeit mit KuratorInnen und internationalen Institutionen dar, in deren Rahmen sich Thumms Offenheit für neue Formate zeigt: So hat die Galerie vor allem in den Anfangsjahren Ausstellungen in Berliner Off-Spaces ausgerichtet wie beispielsweise die Videoschau „No Vacancies!“, die sie zusammen mit Angelika Richter, der heutigen Rektorin der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, in einem leer stehenden Haus in Berlin-Mitte kuratiert hat.
Bis heute hat Barbara Thumm mehrere KünstlerInnenkarrieren maßgeblich gefördert und vorangetrieben. Zu ihren Erfolgen zählt unter anderem die Etablierung des figurativen Spätwerks von Jo Baer, die insbesondere in den USA ausschließlich für ihre minimalistischen Werke aus den 1960er und 1970er Jahren bekannt war. Auch am internationalen Erfolg der peruanischen und feministischen Konzeptkünstlerin Teresa Burga, die Thumm 2011 in deren Einzelausstellung im Württembergischen Kunstverein in Stuttgart entdeckt, ist sie bedeutend beteiligt. Die Galerie ermöglichte zudem die Wiederentdeckung von Burgas Arbeiten aus den 1960er und 1970er Jahren: Barbara Thumm ließ die Werke aus dieser Schaffensperiode in Berlin umfassend restaurieren, sodass die poppigen und kräftigen Farben wieder zum Vorschein kamen, die den Arbeiten längst abgegangen waren. Heute verwaltet die Galerie exklusiv den Nachlass der Künstlerin, die 2021 verstorben ist. Seit 2010 betreut sie auch einen weiteren bedeutenden Estate – den der deutschen Konzeptkünstlerin Anna Oppermann. Das Ensemble „Künstler sein“, das die Künstlerin 1977 auf der Documenta 6 zeigte, wurde 2010 bei Barbara Thumm erstmals wieder ausgestellt. Seitdem hat die Galerie kontinuierlich Methoden der Restaurierung und des Re-enactments komplexer Installationen der Ensemblekunst von Oppermann erarbeitet.
Als klassische Programmgalerie verfolgt Barbara Thumm eine entschieden feministische Agenda – zwei Drittel der vertretenen KünstlerInnen sind Frauen. Einen starken Fokus legt die Galerie zudem schon früh auf künstlerische Positionen aus dem lateinamerikanischen Raum, insbesondere aus Peru. Konzeptuell und/oder figürlich arbeitende KünstlerInnengrößen wie Carrie Mae Weems, María Magdalene Campos-Pons, und weitere KünstlerInnen aus dem afroamerikanischen, kubanischen und afrikanischen Raum erweitern die international orientierte und generationenübergreifende Auswahl: Aufstrebende Positionen wie die 1986 in Tiflis geborene Anna K.E., die 2019 den georgischen Pavillon auf der Venedig Biennale bespielte, zählen ebenso dazu wie der 67jährige El Hadji Sy oder die 93jährige Jo Baer.
Mit dem neuesten Projekt der Galerie, der eigenständigen Plattform „New Viewings“, reagiert Thumm 2020 auf die Pandemie, knüpft an die Energie ihrer Anfangsjahre an und schafft einen innovativen, digitalen Diskursraum. Ausschließlich virtuell umgesetzt, finden sich auf der Homepage des Projektes utopische und dystopische Ausstellungsentwürfe, die von internationalen KünstlerInnen und KuratorInnen auf die Räumlichkeiten in der Markgrafenstraße projektiert wurden. Verkauft wird auch hier – die Preise werden online offen kommuniziert – doch ist darüber hinaus vor allem ein neuer Umgang mit dem Digitalen – nicht als Ersatz, sondern eigentlicher Spielort – und ein internationales Netzwerk aus KünstlerInnen und KuratorInnen entstanden, auf dessen Erweiterung man sich freuen darf.