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Galerieporträt
Hua International

Hua International,
Berlin
Hua Xiaochan hätte kaum einen schwierigeren Zeitpunkt als das Jahr 2020 wählen können, um die beiden Dependancen von Hua International in Berlin und Peking zu gründen – sie war gerade Mutter geworden und die Welt stand kurz vor dem Lockdown. „Die Leute hielten mich für verrückt“, erinnert sie sich hinsichtlich der Herausforderung, ein Team zusammenzustellen, die Architektur der Räume zu entwickeln und die erste Ausstellung in Peking zu organisieren – alles via Zoom von Berlin aus. Zwischen 2020 und 2023 nutzte Hua jede Gelegenheit, um nach China zu reisen und nahm dafür die strengen Quarantänemaßnahmen auf sich. „Anfangs haben wir alles falsch gemacht“, meint sie, “aber es war eine lehrreiche Erfahrung“.

Xiaochan Hua,
Portrait
Als Direktorin der Galerie pendelt Hua kontinuierlich zwischen Peking und Berlin, um die jährlich acht Ausstellungen an den beiden Standorten zu koordinieren. Gegründet hat Hua ihre Galerie für zeitgenössische Kunst mit ihrem Partner Klaus Dierkes, der eher im Hintergrund agiert. Gemeinsam vertreten sie eine Gruppe überwiegend junger, aufstrebender Künstler*innen, darunter der in New York lebende Gordon Hall, der in Guangzhou lebende Chen Dandizi und der in Kuba geborene Rafael Domenech, den Hua während seines Kunststudiums entdeckte. Die Arbeiten des jungen Künstlers aus Miami stehen exemplarisch für das unkonventionelle, experimentelle Programm der Galerie – seine fließenden, architektonischen Interventionen erinnern eher an Werkstätten und brechen so mit unseren Erwartungen an eine Ausstellung.
Eigentlich eröffnen Galerien erst dann einen zweiten internationalen Standort, wenn sie etabliert sind und expandieren möchten. Im Falle von Hua International sind die beiden Standorte jedoch entscheidend für das Selbstverständnis der Galerie, die zwischen der sich schnell entwickelnden Kunstszene Chinas und der etablierteren, international ausgerichteten Kunstszene Berlins vermittelt. Die Arbeitskultur in den beiden Ländern sei sehr unterschiedlich, sagt Hua. Wofür man in Deutschland Monate brauche, das sei in China in wenigen Tagen erledigt. Und während man in Berlin feste Treffen und Termine ausmacht, kann es in Peking zugehen wie auf einem Rummelplatz, wo Sammler*innen und Kurator*innen spontan vorbeischauen. „Man hat dort keine Kontrolle“, sagt Hua, „man muss es einfach nehmen, wie es kommt!“
Geboren und aufgewachsen in der nordchinesischen Provinz Shaanxi, interessierte sich Hua schon früh für Kunst. Mit sieben Jahren ging sie an die Shaanxi Provincial Art Center und träumte zunächst davon, Malerin zu werden. „Aber ich war nie der sensible, einsame Künstlerinnentyp“, gibt sie zu. „Schon in der Kunstschule war ich die Organisatorin, die die Künstler*innen für Atelierbesuche und Veranstaltungen zusammenbrachte“. An der Universität studierte sie zeitgenössischen Tanz und war Frontfrau einer Punkband. Diese Vielseitigkeit spiegelt sich in der Liste der multidisziplinär arbeitenden Künstler*innen der Galerie sowie in deren performativer Arbeitsweise wider. Ein Beispiel sind die Arbeiten der jungen, in Frankreich geborenen Künstlerin Fanny Gicquel, deren Performances die Resonanzen des menschlichen Körpers in skulpturalen und poetischen Umgebungen auf sensible und intime Weise ausloten.

Exhibition View, 2025,
Group Exhibition “Splinters of Angst Derelict”, Hua International Berlin,
photos by Joe Clark.
Courtesy of the artists and Hua International.

Exhibition view, 2024,
Jenkin van Zyl, “Limitless Growth” at Hua International Beijing,
photo by Hao Yang.
Courtesy of the artist and Hua International.
Hua International begann 2017 als Projektraum unter dem Namen XC.HuA in Berlin und expandierte später nach Peking. Da die Form des Projektraums sie zu sehr limitierte, strukturierte Hua das Geschäftsmodell 2020 um und eröffnete die beiden Galerieräume – nicht zuletzt, um die Karrieren ihrer Künstler*innen aktiv mitzugestalten. Dabei ging es nicht nur darum, die größeren Ambitionen des Projekts deutlich zu machen. Vielmehr wollte sie auch der stereotypen Wahrnehmung ihrer Galerie etwas entgegensetzen: „Die Leute gehen davon aus, dass wir nur mit chinesischen Künstler*innen arbeiten, weil ich Chinesin bin, und damit fühle ich mich nach wie vor unwohl“, erklärt sie. „Aber unsere Galerie gibt es erst seit fünf Jahren, und es wird noch etwas Zeit brauchen, bis wir unsere Vision vollständig umsetzen können.“
Hua, die Pekings schnell wachsende Sammlergemeinde kennt, ist enthusiastisch: „Sie kennen sich aus, sind leidenschaftlich und entwickeln ein Gespür für Kunst jenseits etablierter Trends. Die meisten sind zwischen 20 und 35 Jahre alt, also sehr jung.“ Während in Peking allmählich westliche Blue-Chip-Galerien und eine wachsende Zahl von Ausstellungsräumen für zeitgenössische Kunst entstehen – vor allem im dynamischen 798 Art District, wo auch Hua International seinen Sitz hat – glaubt Hua, dass die Kunstszene der Stadt noch relativ isoliert ist. „Sie ist noch so jung. Sie hat erst mit den Olympischen Spielen 2008 in Peking richtig Fahrt aufgenommen. Die ältesten Galerien sind gerade mal zwanzig Jahre alt“, sagt sie. „Das ist nichts verglichen mit dem, was Berlin an etablierten Institutionen zu bieten hat.“
„Ich denke, es gibt eine echte Chance, die Beziehungen zwischen diesen beiden Städten zu stärken“, meint Hua, die beobachtet hat, dass sich ein kleiner, aber wachsender Kreis von chinesischen Sammler*innen aus Peking und darüber hinaus nach Berlin zieht. “Viele sind als Unternehmer*innen gekommen oder haben Jobs in der Start-up-Szene gefunden. Das ist großartig für Berlin – Kunst und Kultur florierten hier schon immer, aber die Stadt braucht mehr Industrie und Wirtschaft.“ Als einzige Galerie, die sowohl in Berlin als auch in Peking ansässig ist, und als eine der wenigen transkontinentalen Galerien in Deutschland hat Hua International eine gute Ausgangsposition, um die Beziehungen zwischen diesen beiden Metropolen zu stärken. „Kunst kann ein Katalysator für eine engere Zusammenarbeit sein und Dialoge und Beziehungen über kulturelle und politische Grenzen hinweg eröffnen. Das ist natürlich keine leichte Aufgabe“, sagt sie, „aber ich glaube wirklich an das, was wir hier aufbauen.“
Gallery portrait
Hua International

Hua International,
Berlin
In 2020, with the world on the cusp of lockdown and having just given birth, Hua Xiaochan could not have chosen a more challenging time to launch Hua International and its dual locations in Berlin and Beijing. “People thought I was crazy,” she says, recalling the monumental task of assembling a team, overseeing renovations, and organizing the Beijing space’s first exhibition – all managed remotely via Zoom from Berlin. Between 2020 and 2023, Hua would take every opportunity to travel to China, enduring grueling quarantines: twice for three weeks and the other times for two. “We did everything wrong to begin with,” she adds, “but it was quite an experience.”

Xiaochan Hua,
Portrait
Hua’s life is defined by constant movement, splitting her time evenly between Beijing and Berlin as she oversees Hua International’s two locations and orchestrates the gallery’s eight annual shows. Co-founded with her partner, Klaus Dierkes, who operates more in the background, the contemporary art gallery works with a diverse group of predominantly young, emerging artists, including New York-based Gordon Hall, Guangzhou’s Chen Dandizi, and Cuban-born Rafael Domenech, whom Hua discovered while he was still in art school. The work of the young, New York-based artist exemplifies Hua International’s unconventional, somewhat experimental program; his fluid, architectural interventions upend the gallery experience, often feeling more like workshops than traditional exhibitions.
It is more usually the case that galleries open a second international location once firmly established and in a position to expand. But for Hua International, its dual spaces are key to understanding its identity, as the gallery connects the fast-evolving Chinese art landscape with Berlin’s more established, internationally oriented scene. But there are huge working differences between the countries, Hua reflects that what takes months to organise in Germany can happen in a matter of days in China. And whereas in Berlin, you have fixed meetings and appointments, Beijing can feel like a carnival, with collectors and curators dropping by spontaneously. “You have no control over what happens there,” Hua says, “you really have to be chill!”
Born and raised in Shaanxi province in northern China, Hua’s connection to art began early. At seven years old, she was sent to study at the Shaanxi Provincial Art Center, initially imagining a future as a painter. “But I was never the sensitive, solitary artist type,” she admits. “Even in art school, I was the organizer, the one bringing artists together for studio visits and events.” For a time, she pursued contemporary dance at university and even fronted a punk band – though it takes some coaxing to get her to reveal the name: The Purple Stone. That legacy of versatility and theatricality can be seen in the gallery’s roster of multidisciplinary artists, and their strong emphasis on performance. You can see it in the mercurial work of the young, French-born artist, Fanny Gicquel, whose performances – exploring the resonances of the human body within sculptural and poetic environments – tingle with introspection and intimacy.

Exhibition View, 2025,
Group Exhibition “Splinters of Angst Derelict”, Hua International Berlin,
photos by Joe Clark.
Courtesy of the artists and Hua International.

Exhibition view, 2024,
Jenkin van Zyl, “Limitless Growth” at Hua International Beijing,
photo by Hao Yang.
Courtesy of the artist and Hua International.
Hua International began as a project space called XC.HuA, which first opened in Berlin in 2017 and later expanded to Beijing. But in 2020, frustrated by the limitations of running a project space and eager to play a more active role in shaping artists’ careers, Hua restructured the model and launched the dual gallery spaces. That decision wasn’t just about signaling the gallery’s broader ambitions but also about challenging reductive assumptions. “People assume that because I’m Chinese, we only work with Chinese artists, and that continues to make me uncomfortable,” Hua explains. “But we’re only five years old, and it can take time to fully introduce our vision.”
Hua is full of insights into Beijing’s fast-increasing community of collectors, noting with enthusiasm, “They’re well-educated, passionate, and developing tastes that go beyond established trends. Most are between 20 and 35 years old, so they’re incredibly young.” While Beijing is beginning to see a trickle of Western blue-chip galleries and increasing number of contemporary art spaces – primarily concentrated in the dynamic 798 Art District, where Hua International is also based – Hua believes the city’s art scene remains relatively isolated. “It’s still so young. It really only took off around the 2008 Beijing Olympics. The oldest galleries are just about twenty years old,” she explains. “That’s nothing compared to Berlin’s wealth of established institutions.”
“I think there’s a real opportunity to strengthen ties between these two cities,” says Hua, who has observed a small but growing circle of Beijingers and Chinese collectors settling in Berlin. “Many have moved here as entrepreneurs or landed jobs in the startup scene. It’s great for Berlin – arts and culture have always thrived here, but the city needs more industry and business.” As the only gallery operating in both Berlin and Beijing and one of only a handful of truly transcontinental galleries in Germany, Hua International is well placed to strengthen the ties between these world capitals. “Art can be a catalyst for much closer collaboration, opening dialogues and relationships across cultural and political borders. It’s not without its challenges”, she says, “but I really believe in what we’re building.”