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Gallery Tour
Schöneberg

Jimmie Durham, Various Shapes and Materials, 2009.
Image courtesy of the artist, kurimanzutto, Mexico City/New York and Barbara Wien, Berlin.
Photo by Nick Ash. © Jimmie Durham Estate
Wir beginnen unsere Tour in der Galerie Barbara Wien am Schöneberger Ufer. Die nach einem Zitat Jimmie Durhams (1940–2021) betitelte Ausstellung Art and science are the same thing versammelt Hauptwerke des Künstlers und Schriftstellers von den 1980ern bis in die 2010 er Jahre. Die Idee zur Ausstellung, die der vor wenigen Jahren verstorbene Durham noch gemeinsam mit der Galeristin Barbara Wien angedacht hat, entstand während der Arbeit an seinem Gedichtband Particle/Word Theory, erschienen 2020. Darin zitiert Durham aus naturwissenschaftlichen Publikationen wie Nature, er schreibt über Gehirnforschung und Erkenntnisse zu Schmerztherapien. Fragen der Biologie, Geologie, Archäologie und der Quantenmechanik denkt Durham künstlerisch weiter. Das wissenschaftliche Denken war für ihn nie getrennt von seiner Arbeit als Künstler: „I don’t want art to be separated from other parts of life, and I also don’t want science to be separated from other parts of life.“

Almut Linde. Dirty – Minimal #16.1 – Headrests Individualized by Vandalism (1997-2001)
Nur ein paar Häuser weiter befindet sich die Galerie PSM. Dort gibt es eine sogenannte artists’ artist zu entdecken – eine Künstlerin, die eher in Künstler*innenkreisen bekannt ist. Almut Linde arbeitet nicht mit Pinsel und Leinwand, sondern mit Menschen und sozialen Systemen. Zu sehen sind in der Ausstellung Between Conformity and Resistance drei ihrer frühen und wegweisenden Werke aus den 1990er Jahren. Darunter Dirty Minimal #9.1 – Postal Logistics Center (1992): Für die Arbeit hielt Linde die Bewegungen der Mitarbeitenden in einem Logistikunternehmen fest, indem sie einfach Papiere auf dem Boden der Halle auslegte, sodass die Fußspuren am Ende des Tages ein Bild ergaben. Außerdem wird Linde eine partizipatorische Arbeit von 1994 im Ausstellungsraum reaktivieren und der ursprünglichen Version gegenüberstellen.

Danielle Brathwaite-Shirley,
WE CAN’T LET THEM DO THIS AGAIN, 2025.
Ink and acrylic paint on paper, 237 x 150 cm.
Photo © Marjorie Brunet Plaza.
Courtesy of the artist and NOME
Weiter geht es in der Galerie NOME, die zum Gallery Weekend erstmalig eine Einzelausstellung von Danielle Brathwaite-Shirley präsentiert. Die LAS Art Foundation zeigte letztes Jahr zwei neue game-basierte Installationen von Brathwaite-Shirley in der Halle am Berghain. In ihren Installationen, Videospielen, Rollenspiel-Performances und musikalischen Arbeiten verknüpft die Künstlerin gelebte Erfahrung mit Fiktion, um die Geschichten Schwarzer Transpersonen anders zu erzählen. Bei NOME sind ganz neue Werke zu sehen, darunter Leinwände, Paravents, Kleidung und interaktive Videos.

Tom Anholt, Camille Bombois Paints a Fisherman, 2025,
oil on linen, 190 x 250 cm.
Courtesy the artist and Josh Lilley, London.
Photo: Gunter Lepkowski
Die Galerie Judin zeigt mit Camille Bombois (1883–1970) einen der berühmtesten Unbekannten der französischen Kunst des 20. Jahrhunderts. Bevor er autodidaktisch zu malen begann, arbeitete er auf einem Bauernhof, als Ringkämpfer und in der Metro in Paris. Später schuftete Bombois nachts in einer Druckerei, um tagsüber die Meister im Louvre anzuschauen und selbst zu malen. Seine Bilder zeigen oft weibliche Akte mit runden Formen, Landschaften und Zirkusszenen. Mit vier anderen Künstlern, darunter Henri Rousseau, gehört Bombois zu einer Gruppe an autodidaktischen Künstler*innen, die sich dennoch in der Pariser Kunstszene des frühen 20. Jahrhunderts durchsetzen konnten. Maßgeblich für ihren Erfolg waren der Kontakt zum Kunsthändler und -kritiker Wilhelm Uhde und dessen Ausstellung „Die Maler des Heiligen Herzens“ im Jahr 1928. Kuratiert wird die Gruppenschau bei Judin von dem Maler Tom Anholt, der befreundete Künstler*innen eingeladen hat, ihre Arbeiten neben denen von Bombois zu zeigen. Unter anderen Sara Anstis, Louis Fratino und Simphiwe Ndzube.
Eine Besonderheit auf dieser Tour und ein guter Ort für eine kurze Pause ist der neue Standort von Judin und Pace: Ab dem Gallery Weekend bespielen die beiden Galerien zusammen eine umgebaute Tankstelle aus den 1950er-Jahren in Schöneberg, die bis vor Kurzem das Kleine Grosz Museum beherbergte. In dem von Grün umgebenen Gebäude gibt es auch ein Café mit Terrasse und eine Buchhandlung. Eingeweiht wird der neue Kunstraum mit der gemeinsamen Gruppenausstellung Reverse Alchemy: Dubuffet, Basquiat, Nava. Zu sehen sind Papierarbeiten von Jean Dubuffet (1901–85), Jean-Michel Basquiat (1960–88) und Robert Nava. Ausgehend von Dubuffets „anti-kultureller“ Feier der Art Brut untersucht die Ausstellung wie die drei Künstler eine Art umgekehrte Alchemie betreiben: Von der High Art – also zum Beispiel intellektuell anspruchsvoller, von der Kritik geschätzter Malerei – besinnen sie sich zurück zum Groben und Ungeschliffenen der Zeichnung. Reverse Alchemy ist dabei nur eine von zwei Eröffnungsausstellungen in der neu bespielten Tankstelle: Parallel präsentiert die Galerie Judin eine Schau mit Werken von Tom of Finland (1920–1991) – ein Künstler, dessen Praxis ebenfalls die Grenzen zwischen High und Low Art infrage stellte.

Courtesy of the artist and Hua International
Unter dem Titel Isolated bodies, waiting for a touch zeigt HUA International eine Serie, die in Zusammenarbeit von Tirdad Hashemi, Soufia Erfanian und Mahsa Saloor entstanden ist. In ihren gemeinsamen Werken reflektieren Hashemi und Erfanian ihre Lebenserfahrungen als queeres Paar, das aus dem Iran nach Berlin gezogen ist. Auch Mahsa Saloor, die mit Malerei, Poesie und Film arbeitet, kommt aus dem Iran und lebt in Berlin. In ihrer kollaborativen Arbeit Scratchy Lungs Spit Midnight Blue beschäftigt sich das Trio mit Themen wie Heimat, Zugehörigkeit, Identität und den Feinheiten menschlicher Emotionen. Die Serie besteht aus zehn Zeichnungen, in denen Hashemi und Erfanian die Auswirkungen einer Darmerkrankung illustrieren, die Hashemi seit ihrer Kindheit begleitet. Außerdem kommen Hashemis Erfahrungen als trans* Person zum Ausdruck. Die Audioaufnahme eines Gedichts von Saloor, in dem es auch um Körperlichkeit geht, begleitet die Illustrationen. In ihrer poetischen Praxis erforscht Saloor die Verbindung zwischen Natur, queer-feministischer Spiritualität, Sinnlichkeit und Eros. Dabei interessiert sie vor allem die Beziehung des Menschen zur Natur, zum Heiligen und zum Erotischen und wie man diese „reparieren“ könnte.

Sun Yitian, Shelter Ⅵ, 2024.
Acrylic on canvas, 57 x 57 cm.
Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/Paris/Seoul.
Photo © Sun Yitian Studio
Die Galerie Esther Schipper zeigt mit den beiden Ausstellungen von Sun Yitian und Merikokeb Berhanu neue Arbeiten von zwei Malerinnen. Die einfarbigen geometrischen Formen in den abstrakten Arbeiten von Berhanu, die 2022 auf der Biennale in Venedig im zentralen Ausstellungspavillon in den Giardini zu sehen war, sind oft organisch und spielen mit Anklängen aus dem Figürlichen. Die Tradition der äthiopischen Moderne ist maßgeblich für das Werk der in Addis Abeba geborenen Künstlerin, die bei Esther Schipper erstmals ausstellt. Romantic Room heißt die Schau mit neuen Gemälden der chinesischen Malerin Sun Yitian. Ihre hyperrealistischen Bilder von massenproduzierten Objekten – wie aufblasbarem Plastikspielzeug oder Schaufensterpuppen, von denen Yitian meist nur die abgetrennten Köpfe malt – basieren auf inszenierten Fotografien der Künstlerin. Darum macht Yitian kein Geheimnis: die Lichtreflexionen des Kamerablitzes sind Teil ihrer Bilder. Während die Gegenstände auf ihren Gemälden aus der Ferne täuschend echt aussehen, löst sich die fotografische Präzision aus der Nähe betrachtet auf. Die Effekte, die die Künstlerin mit der Farbe auf der Leinwand erreicht, können dann nachvollzogen werden – und die eben noch realistische Repräsentation löst sich in Abstraktion auf.

Phung-Tien Phan, Dino Phan 2, 2024
mixed media
30 × 40 × 70 cm
Kein Charakter ist Phung-Tien Phans zweite Soloausstellung mit der Galerie Schiefe Zähne in der Potsdamer Straße. Die Arbeitsweise der deutsch- vietnamesischen Künstlerin scheint vom beharrlichen Streben angetrieben zu sein, Kunstwerke zu schaffen, seien es Skulpturen, Videos oder Installationen, die sich der glatten Warenästhetik von Konsumgütern verweigern. Obwohl sie oft humorvoll sind, verhandeln ihre Arbeiten Thematiken wie Diaspora-Erfahrungen, Familie, Identität, häufig spielt auch Phans eigene Biografie eine Rolle. Zum Gallery Weekend zeigt Schiefe Zähne zwei neue Werkserien: Die erste ist eine Fortsetzung von Phans Dino Phan-Serie: skulpturale Assemblagen aus alltäglichen, oft häuslichen Gegenständen, in deren Zentrum Spielzeugdinosaurier von IKEA stehen. Der zweite Raum gleicht einer Stadtlandschaft: Leinwände in verschiedenen Größen, gemalt in dunklen, schimmernden Farben, imitieren eine abstrahierte Skyline. Ein naiv gezeichnetes Strichmännchen irrt ziellos zwischen den Fassaden umher. Ebenso orientierungslos wie verzaubert navigiert es durch eine Welt voller Bildern, Entscheidungen und Erwartungen.

Hinako Miyabayashi, Grandmother’s Sugar, 2024,
45 x 40 x 4 cm. Oil, sand on wood.
Courtesy the artist. Photographer: Takahiro Tsushima
© Hinako Miyabayashi
Es geht weiter in die Pohlstraße, wo die Malereien von Hinako Miyabayashi in der Galerie Guido W. Baudach einen Raum voll Ruhe und Fokus schaffen. Die Ausstellung wood, oil and spiral versammelt neue collagierte Arbeiten der in Tokio lebenden Künstlerin auf Holz und Leinwand. Dabei kommen Materialien wie Chaco-Papier, Blattsilber, Kohle und Insektennetz zum Einsatz. In Miyabayashis Bildern geht es um die Wahrnehmung dessen, was ist – es geht um Gegenwart und das bewusste Empfinden von Sinneseindrücken. Um vermeintlich Unbedeutendes, auf das wir peu à peu aufmerksam werden. Mit ihren leisen, lyrischen Gemälden tritt Miyabashi in Verbindung mit den Umgebungen und Gegenständen, die sie betrachtet und findet Ausdrucksformen für feine Nuancen aus deren Inneren. Solch eine Poesie ist auch in ihren Werkstiteln erkennbar. Jedoch geht es im Kern ihrer Kunst nicht um das Lyrische, sondern um die Umwandlung jener poetischen Empfindung in Malerei.

Šejla Kamerić,
Thorn (bitch), 2021-2025.
Courtesy of the artist and Galerie Tanja Wagner, Berlin
Die Galerie Tanja Wagner präsentiert die Soloausstellung In The Darkened Rooms der konzeptuell arbeitenden Künstlerin Šejla Kamerić. Hier geht um Widerstandsgeschichten von Frauen, Intimität, Voyeurismus, sexuelle Selbstbestimmung sowie um die Verbindung des Privaten mit dem Politischen. Aufbauend auf ihren Serien Rose Garden (2015) und Hooked (2010–fortlaufend) die bei der Manifesta 14 zu sehen waren, präsentiert Kamerić eine Installation mit drei handgefertigten Häkelobjekten. Diese ähneln übergroßen Tischdecken, die in Bosnien, Kosovo, Albanien und angrenzenden Regionen oft als Mitgift dienen. Wie riesige Spinnweben im Raum, erinnern sie auch an die Geschichten und Widerstandshandlungen von Weberinnen aus der Mythologie: von Minerva, der römischen Göttin, als „Weberin der Geschichte“, bis hin zu Philomela, einer Frau, die nach einer Vergewaltigung Gerechtigkeit sucht. Wie ein roter Faden umkreisen analoge Sofortbilder aus Kamerićs Serie Thorn (Bitch) (2021/2025) die Erzählung in der Ausstellung. Bronzeskulpturen lassen diese Verhandlung von Lebensgeschichten von Frauen in den Raum ausgreifen.

Benjamin Lallier,
Sodom and Gomorrah Afire,
Sun bleached velvet, 230 x 300 cm, 2024
© Benjamin Lallier, 2025.
Courtesy of the artist and Heidi, Berlin.
Die Tour geht weiter in der Kurfürstenstraße. In der Galerie Heidi untersucht der in Berlin lebende Künstler Benjamin Lallier das menschliche Verlangen nach dem sogenannten „guten Leben“. In der Ausstellung reflektiert er über die Angewohnheit, Wünsche oft unbewusst auf Orte, Objekte oder Menschen zu projizieren. Damit macht er auf spielerische und manchmal auch düstere Weise auf soziale Strukturen und idealistische Klischees aufmerksam. Seine satirischen Gemälde, Skulpturen und Installationen enthalten eine Vielzahl an Referenzen – etwa Bruegels Bauernbilder, Caravaggios Darstellung von Dionysos, moralische biblische Geschichten wie Adam und Eva oder Sodom und Gomorrha, Brechtsches Theater oder das geklonte Schaf Dolly. Lallier interessiert hier das Spiel mit der Grenze zwischen Realität und Illusion. Oft arbeitet er deshalb in Serien, innerhalb derer er Werke als „falsche“ Kopien bezeichnet – wobei kein Bild oder Objekt jemals dasselbe ist.

Hudinilson Jr., documentation of the performance, Narcisse Exercício de Me Ver II (Exercise of seeing myself II); 5 parts, 1982,
courtesy of courtesy of Hudinilson Jr. Estate, Martins&Montero, and KOW, Berlin.
In demselben Gebäude wie Heidi befindet sich die Galerie KOW. Sie präsentiert Arbeiten von Hudinilson Jr. (1957–2013), einem der einflussreichsten Künstler*innen Lateinamerikas. Die Anfänge von Hudinilson Jr.s künstlerischer Tätigkeit in den frühen 1980er Jahren fielen mit den letzten Jahren der Diktatur in Brasilien zusammen. In seinen Performances, Künstlerbüchern, Xerox-Collagen und Skulpturen geht es um queere Begierde und Intimität. In ihnen erkundete Hudinilson Jr. Darstellungen des Körpers – auch seines eigenen – und experimentierte mit unterschiedlichen Wahrnehmungsweisen. Ikonisch sind seine Arbeiten mit dem Fotokopierer: Nackt legte er sich auf die Glasplatte, um mithilfe seines Körpers Formen zu komponieren und sich selbst „in Stücke zu teilen“, wobei oft sein Gesicht unkenntlich wurde. Manchmal kopierte er ein Bild immer wieder, bis es einen Grad an Abstraktion erreichte, sodass die Vorstellung, es handele sich um ein „Porträt“, fraglich wurde. Dieses Spiel mit dem Unkenntlichmachen der eigenen Identität ist untrennbar mit der Schwierigkeit verbunden, als schwuler Mann unter dem repressiven brasilianischen Staat jener Zeit der 1980er Jahre zu leben, in der diese Werke entstanden.

Diane Severin Nguyen,
not yet titled “Spring Snow” and not yet titled “Spring Clothes”, 2025.
Courtesy the artist and Galerie Molitor, Berlin.
Direkt gegenüber zeigt die Galerie Molitor eine Einzelausstellung der in New York lebenden Künstlerin Diane Severin Nguyen. Mit neuen Werkserien aus den Bereichen Video, Fotografie und Skulptur, verwandelt die Künstlerin die Galerie in ein Universum zwischen Präsenz und Verschwinden, Kontinuität und Bruch. Nguyens Arbeiten zeigen oft eigentümliche Momente des Wandels und thematisieren Fürsorge, Körperlichkeit, Schmerz, Erinnerung und Trauma. In diesen flüchtigen Kompositionen kombiniert die Künstlerin dabei oft synthetische mit organischen Objekten. In ihren neuen Arbeiten bei Molitor geht es um mystische Momente des Stillstands und der Spannung: Hier fällt Schnee im Dschungel und Kleider werden wie von einer unsichtbaren mechanischen Kraft auf ihren Bügeln ruckartig hin- und herbewegt.

Sebastian Jefford,
Choo choo, choo choo, 2025.
Pen on paper, 126 x 29.7 cm
Es geht weiter mit einem Abstecher in die Kulmer Straße zur Galerie Noah Klink, wo eine Einzelausstellung von Sebastian Jefford zu sehen ist. Neben Wandobjekten mit einer übertrieben künstlichen Materialität zeigt er hier eine Serie von Zeichnungen, die an Lehrbilder oder Diagramme erinnern und gleichzeitig wie Comics funktionieren. Jefford arbeitet zwischen Skulptur, Malerei, Zeichnung, Video und Text, wobei sein offener Arbeitsprozess oft zu Werken führt, die an den Schnittstellen zwischen diesen Kategorien liegen. Gefundene Objekte und Bilder kombiniert er dabei mit selbst gefertigten Elementen, wodurch seine Werke oft zwischen Realität und Fiktion schweben. Materialität spielt eine zentrale Rolle – er verändert, verfremdet und inszeniert Oberflächen, bis sie künstlich oder aber abgenutzt wirken. Seine Arbeiten erinnern dabei mal an archäologische Fundstücke, oder an Gegenstände aus der Spielzeugwelt, in denen Bedeutung und Täuschung eng zusammenliegen.

Patrizio di Massimo, “Automatic Writing (Self-Portrait with Red, Yellow and Blue Creatures)”, 2023;
Oil on linen; 210 × 170 cm.
Photo by Marjorie Brunet
Courtesy of The Artist and ChertLüdde, Berlin
Wir beenden unsere Tour mit einem Spaziergang zur Galerie ChertLüdde in der Schöneberger Hauptstraße, wo zum Gallery Weekend gleich zwei Ausstellungen eröffnen: September and the Lions mit einer neuen Installation von Álvaro Urbano und Son of a Witch mit neuen Gemälden von Patrizio di Massimo. Grundlage für Urbanos Installation ist ein Cruising-Ort in der Nähe der Löwenbrücke im Tiergarten. Die Installation wird aus Nachbildungen der dortigen Flora und Fauna bestehen, und so Erzählungen von Geschichte, Natur und Begierde aus dem Außen dieses Berliner Parks in die Innenräume der Galerie überführen. Urbano interessiert sich hier für Michel Foucaults Konzept der Heterotopie. Mit dem Begriff beschreibt der Philosoph Räume, die außerhalb sozialer Normen existieren und alternative Formen des Lebens, der Interaktion und des Seins bieten. Letztlich regt Urbanos Ausstellung zu einer tieferen Reflexion darüber an, wie Landschaften – sowohl physische als auch emotionale – zu Orten werden, an denen sich persönliche Geschichten, Begehren und Identitäten entfalten können.
In seiner Malerei verhandelt Patrizio di Massimo Konzepte von Männlichkeit. Oft sitzen Freund*innen und Familie Modell, aber es kommen auch fiktionale Figuren vor. In seiner neuen Serie von Ölgemälden ist der Künstler selbst sowohl Subjekt als auch Erzähler. Theatrale und surrealistische Elemente verstärken die Dramatik dieser unkonventionellen Szenen. Unter anderem durch das Einbinden von Vorhängen, Säulen oder anderen aus der Kunstgeschichte bekannten Kulissen untersucht di Massimo in diesen Bildern Vorstellungen von Identität, Selbstmythologie und die performative Natur der Porträtmalerei sowie die eigene Rolle als Künstler*in – aktuell und in der Vergangenheit.
Gallery Tour
Schöneberg

Jimmie Durham, Various Shapes and Materials, 2009.
Image courtesy of the artist, kurimanzutto, Mexico City/New York and Barbara Wien, Berlin.
Photo by Nick Ash. © Jimmie Durham Estate
We start our tour at Galerie Barbara Wien on Schöneberger Ufer. Titled after a quote by Jimmie Durham (1940-2021), the exhibition “Art and science are the same thing” brings together the artist and writer’s key from the 1980s to the 2010s. The idea for the exhibition, which Durham, who died a few years ago, conceived together with gallery owner Barbara Wien, came about while he was working on his poetry collection Particle/Word Theory, published in 2020. In it, Durham quotes from scientific publications such as Nature, writes about brain research and various findings on pain therapies. Durham takes questions of biology, geology, archaeology and quantum mechanics further in his artistic thinking. For him, scientific thinking has never been separate from his work as an artist: ‘I don’t want art to be separated from other parts of life, and I also don’t want science to be separated from other parts of life.’

Almut Linde. Dirty – Minimal #16.1 – Headrests Individualized by Vandalism (1997-2001)
Just a few blocks away is the PSM gallery. Here you can discover a so-called artists’ artist — an artist who is better known in artistic circles. Almut Linde does not work with brushes or canvas, but rather with people and social systems. Three of her early and pioneering works from the 1990s are on display in the exhibition “Between Conformity and Resistance.” Among them is Dirty Minimal #9.1 – Postal Logistics Centre (1992), a piece for which Linde recorded the movements of employees in a logistics company by simply laying out papers on the floor of the hall so that the footprints formed a picture at the end of the day. Linde will also reactivate a participatory work from 1994 in the exhibition space and juxtapose it with the original version.

Danielle Brathwaite-Shirley,
WE CAN’T LET THEM DO THIS AGAIN, 2025.
Ink and acrylic paint on paper, 237 x 150 cm.
Photo © Marjorie Brunet Plaza.
Courtesy of the artist and NOME
The programme continues at Galerie NOME, which is presenting a solo exhibition by Danielle Brathwaite-Shirley for its Gallery Weekend Berlin debut. Brathwaite-Shirley’s work isn’t new to Berlin, as the LAS Art Foundation showed two new, game-based installations by her in the Halle am Berghain. In her installations, video games, role-playing performances and musical works, the artist combines lived experience with fiction to tell the stories of Black trans people. The exhibition at NOME features brand new works, including canvases, screens, clothing and interactive videos.

Tom Anholt, Camille Bombois Paints a Fisherman, 2025,
oil on linen, 190 x 250 cm.
Courtesy the artist and Josh Lilley, London.
Photo: Gunter Lepkowski
Galerie Judin is showing Camille Bombois (1883-1970), one of the most famous unknowns of 20th-century French art. Before becoming a self-taught artist, Bombois worked on a farm, wrestled professionally and held a job in the Paris Métro. Later, he toiled in a print shop at night so that he could spend his days studying the masters at the Louvre and painting. His works often feature female nudes with rounded forms as well as landscapes and circus scenes. Along with four other artists, including Henri Rousseau, Bombois belonged to a group of self-taught painters who were nevertheless found recognition in the early 20th century Parisian art scene. Their success was largely thanks to the support of art dealer and critic Wilhelm Uhde, who brought them together for the 1928 exhibition The Painters of the Sacred Heart. The group show at Judin is curated by painter Tom Anholt, who has invited artist friends to exhibit their works alongside those of Bombois. These include Sara Anstis, Louis Fratino and Simphiwe Ndzube.
A special feature of this tour and a good place for a short break is the new joint location of Judin and Pace: from the opening of Gallery Weekend Berlin onwards, the two galleries will together occupy a converted petrol station from the 1950s in Schöneberg, which until recently housed the Kleine Grosz Museum. The building, which is surrounded by greenery, also houses a café with a terrace and a bookshop. The new art space will be inaugurated with the joint group exhibition Reverse Alchemy: Dubuffet, Basquiat, Nava. On display are works on paper by Jean Dubuffet (1901-85), Jean-Michel Basquiat (1960-88) and Robert Nava. Drawing inspiration from Dubuffet’s ‘anti-cultural’ celebration of Art Brut, the exhibition examines how the three artists practised a kind of reverse alchemy: from high art, such as intellectually sophisticated, critically acclaimed painting, into the raw and unpolished medium of drawing. Reverse Alchemy is just one of two opening exhibitions at the new petrol station: at the same time, Galerie Judin is presenting works by Tom of Finland (1920-1991) — an artist whose practice also questioned the boundaries between high and low art.

Courtesy of the artist and Hua International
Under the title Isolated bodies, waiting for a touch, HUA International is showing a series created in collaboration with Tirdad Hashemi, Soufia Erfanian and Mahsa Saloor. In their joint works, Hashemi and Erfanian reflect on their life experiences as a queer couple who moved to Berlin from Iran. Mahsa Saloor, who works with painting, poetry and film, also comes from Iran and lives in Berlin. In their collaborative work Scratchy Lungs Spit Midnight Blue, the trio explores themes such as home, belonging, identity and the subtleties of human emotion. The series consists of ten drawings in which Hashemi and Erfanian illustrate the effects of an intestinal disease that Hashemi has suffered from since childhood, as well as Hashemi’s experiences as a transgender person. The audio recording of a poem by Saloor, which also deals with physicality, accompanies the illustrations. In their poetic practice, Saloor explores the connection between nature, queer-feminist spirituality, sensuality and Eros. They are particularly interested in the human relationship to nature, the sacred and the erotic and these connections might be recuperated.

Sun Yitian, Shelter Ⅵ, 2024.
Acrylic on canvas, 57 x 57 cm.
Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin/Paris/Seoul.
Photo © Sun Yitian Studio
With the two exhibitions by Sun Yitian and Merikokeb Berhanu, Esther Schipper Gallery presents new works by two women painters. The monochrome geometric forms in the abstract works of Berhanu, who was on show in the central exhibition pavilion in the Giardini at the Venice Biennale in 2022, are often organic and play with echoes of the figurative. The tradition of Ethiopian modernism is decisive for the work of the Addis Ababa-born artist, who is exhibiting at Esther Schipper for the first time. “Romantic Room” is the title of the show featuring new paintings by Chinese painter Sun Yitian. Her hyper-realistic paintings of mass-produced objects — such as inflatable plastic toys or mannequins, of which Yitian usually only paints the severed heads — are based on staged photographs taken by the artist. Yitian makes no secret of this: the light reflections from the camera flash are incorporated in her paintings. While the objects in her paintings look deceptively real from a distance, the photographic precision dissolves when viewed up close. The effects that the artist achieves with paint on canvas become discernible and what initially seemed like realistic representation dissolves into abstraction.

Phung-Tien Phan, Dino Phan 2, 2024
mixed media
30 × 40 × 70 cm
Kein Charakter is Phung-Tien Phan’s second solo exhibition with Schiefe Zähne on Potsdamer Straße. The German-Vietnamese artist’s working method seem to be driven by a persistent endeavour to create artworks, be it sculptures, videos or installations, that reject the slick commodity aesthetics of consumer goods. Although they are often humorous, her works deal with themes such as diaspora experiences, family, identity, and often Phan’s own biography also plays a role. For Gallery Weekend Berlin, Schiefe Zähne is showing two new series of works: the first is a continuation of Phan’s Dino Phan series: sculptural assemblages of everyday, often domestic objects, centred around toy dinosaurs from IKEA. The second room resembles an urban landscape: canvases of varying sizes, painted in dark, shimmering tones, imitate an abstract skyline. A naively drawn stick figure wandering aimlessly among the façades. As disorientated as it is enchanted, it a world filled with images, choices and expectations.

Hinako Miyabayashi, Grandmother’s Sugar, 2024,
45 x 40 x 4 cm. Oil, sand on wood.
Courtesy the artist. Photographer: Takahiro Tsushima
© Hinako Miyabayashi
The tour continues on Pohlstraße, where the paintings of Hinako Miyabayashi create a space full of calm and focus at Galerie Guido W. Baudach. The exhibition wood, oil and spiral brings together new, collage-based works by the Tokyo-based artist on wood and canvas. Materials such as Chaco paper, silver leaf, charcoal and insect netting are incorporated into the works. Miyabayashi’s paintings centre on the perception of what is: about the present and the conscious perception of sensory impressions. It is about what is seemingly insignificant, which gradually come into focus. With her quiet, lyrical paintings, Miyabashi establishes a connection with the environments and objects she observes, giving form to subtle nuances. This poetic quality is also recognisable in the titles of her works. Yet at its core, her art is not about lyricism itself, but about transforming that poetic sensibility into painting.

Šejla Kamerić,
Thorn (bitch), 2021-2025.
Courtesy of the artist and Galerie Tanja Wagner, Berlin
Galerie Tanja Wagner presents the solo exhibition In The Darkened Rooms by conceptual artist Šejla Kamerić. It deals with women’s stories of resistance, intimacy, voyeurism, sexual self-determination and the connection between the private and the political. Building on her series Rose Garden (2015) and Hooked (2010-ongoing), which were shown at Manifesta 14, Kamerić presents an installation with three handmade crocheted objects. The pieces resemble oversized tablecloths that often serve as dowries in Bosnia, Kosovo, Albania and neighbouring regions. Like giant cobwebs in the room, they are also reminiscent of the stories and acts of resistance of female weavers from mythology: from Minerva, the Roman goddess, as the ‘weaver of history’, to Philomela, a woman seeking justice after being raped. Analogue instant prints from Kamerić’s series Thorn (Bitch) (2021/2025) weave through the narrative of the exhibition. Bronze sculptures extend this exploration of women’s life stories into the physical space.

Benjamin Lallier,
Sodom and Gomorrah Afire,
Sun bleached velvet, 230 x 300 cm, 2024
© Benjamin Lallier, 2025.
Courtesy of the artist and Heidi, Berlin.
The tour continues on Kurfürstenstraße. At Galerie Heidi, Berlin-based artist Benjamin Lallier explores the human desire for the so-called ‘good life’. In the exhibition, he reflects on the habit of often unconsciously projecting desires onto places, objects or people. In doing so, he draws attention to social structures and idealistic clichés in a playful and sometimes sombre way. His satirical paintings, sculptures and installations contain a multitude of references – such as Bruegel’s peasant paintings, Caravaggio’s depiction of Dionysus, moral biblical stories such as Adam and Eve or Sodom and Gomorrah, Brechtian theatre or the cloned sheep Dolly. Lallier is interested in playing with the boundary between reality and illusion. He therefore often works in series, within which he refers to works as ‘false’ copies, whereby no image or object is ever identical.

Hudinilson Jr., documentation of the performance, Narcisse Exercício de Me Ver II (Exercise of seeing myself II); 5 parts, 1982,
courtesy of courtesy of Hudinilson Jr. Estate, Martins&Montero, and KOW, Berlin.
In the same building as Heidi, KOW Gallery presents works by Hudinilson Jr (1957-2013), one of the most influential artists in Latin America. The beginnings of Hudinilson Jr’s artistic activity in the early 1980s coincided with the last years of the dictatorship in Brazil. His performances, artist’s books, Xerox collages and sculptures deal with queer desire and intimacy. In them, Hudinilson Jr. explored representations of the body, including his own, and experimented with different modes of perception. His works with the photocopier are iconic: he lay naked on the glass plate to compose forms with the help of his body and ‘divide himself into pieces’, often making his face unrecognisable. Sometimes, he would replicate an image repeatedly until it reached a level of abstraction that its status as a ‘portrait’ became debatable. This play with obscuring his own identity unrecognisable is inextricably linked to the difficulty of living as a gay man under the repressive Brazilian state of the 1980s, the period in which these works were created.

Diane Severin Nguyen,
not yet titled “Spring Snow” and not yet titled “Spring Clothes”, 2025.
Courtesy the artist and Galerie Molitor, Berlin.
Directly across the street, Galerie Molitor presents a solo exhibition by New York-based artist Diane Severin Nguyen. With new series spanning video, photography and sculpture, the artist transforms the gallery into a universe between presence and disappearance, continuity and rupture. Nguyen’s works often capture uncanny moments of transformation, exploring themes of care, physicality, pain, memory and trauma. In these fleeting compositions, the artist often combines synthetic and organic objects. Her new works at Molitor focus on mystical moments of stasis and tension: here, snow falls in the jungle and clothes are jerked back and forth on their hangers as if by an invisible mechanical force.

Sebastian Jefford,
Choo choo, choo choo, 2025.
Pen on paper, 126 x 29.7 cm
The tour continues with a detour to Galerie Noah Klink on Kulmer Strasse, where a solo exhibition by Sebastian Jefford is on view. Alongside wall-based objects with an exaggerated artificial materiality, Jefford presents a series of drawings that are reminiscent of educational charts or diagrams while also functioning like comics strips. Working across sculpture, painting, drawing, video and text, Jefford embraces an open-ended process that often results in works at the intersection of these disciplines. He combines found objects and images with self-made elements, creating pieces that hover between reality and fiction. Materiality plays a central role in his practice — surfaces are manipulated, distorted and staged until the appear either artificial or worn. His works can evoke archaeological finds or toy-like objects, meaning and ilusion are closely intertwined.

Patrizio di Massimo, “Automatic Writing (Self-Portrait with Red, Yellow and Blue Creatures)”, 2023;
Oil on linen; 210 × 170 cm.
Photo by Marjorie Brunet
Courtesy of The Artist and ChertLüdde, Berlin
We conclude our tour at Galerie ChertLüdde on Schöneberger Hauptstraße, where two exhibitions are opening for Gallery Weekend Berlin: September and the Lions featuring a new installation by Álvaro Urbano and Son of a Witch with new paintings by Patrizio di Massimo. Urbano’s installation is based on a cruising spot near the Löwenbrücke in Tiergarten. Replicas of the local flora and fauna will recreate this setting inside the gallery, transposing narratives of history, nature and desire from the park’s open landscape into the indoor exhibition space. Urbano draws on Michel Foucault’s concept of heterotopia — spaces that exist outside societal norms and enable alternative ways of living, interacting and being. In this spirit, the exhibition invites a deeper reflection on how landscapes, both physical and emotional, become sites where personal histories, desires and identities can emerge and take shape.
In his painting, Patrizio di Massimo explores concepts of masculinity. He often uses friends and family as models, though fictional characters also appear. In his new series of oil paintings, the artist himself is both subject and narrator. Theatrical and surrealistic elements heighten the drama of these unconventional scenes. By incorporating curtains, columns or other backdrops familiar from art history, di Massimo explores notions of identity, self-mythology and the performative nature of portraiture in these paintings, as well as his own role as an artist – both in the present and in relation to the past.